Das Stopp-Schild als Honigtopf

Der jüngste, heise online vorliegende Entwurf für eine Gesetzesinitiative der Bundesregierung zum Sperren kinderpornographischer Webseiten enthält im Vergleich zum vorherigen Arbeitsentwurf gravierende Änderungen. Dem Text des Bundeswirtschaftsministeriums zufolge sollen die Zugangsanbieter die geplanten Stopp-Seiten nun selbst hosten. Außerdem dürfen sie Zugriffs-IP-Adressen erheben und auf Anforderung an Strafverfolgungsbehörden weitergeben. […] Nicht mehr enthalten ist in dem überarbeiteten Dokument zudem die zunächst geplante Beschränkung der Sperrliste auf außereuropäische Webseiten. […] Einbezogen werden sollen zudem nicht nur kinderpornographische Darstellungen an sich, sondern auch Webseiten, „deren Zweck darin besteht, auf derartige Telemedienangebote zu verweisen“. (Quelle)

Nein heute ist leider nicht der erste April. Nachdem wir ja trotz Demo alle am Freitag die bittere freiwillige Überwachung schlucken mussten, waren die Politiker wohl ausnahmsweise mal tüchtig und haben an den neunsten Überwachungs- und Zensurgesetzen gearbeitet.

So sollen jetzt die Stoppschilder Honeypots sein. Klar – man erinnere an die Geschichte in Australien, wo eine Webseite eines Zahnarztes gehackt wurde – und diese dann auf der Zensurliste landete. Wird man also Kinderschänder, wenn man mal eben auf die Webseite seines Zahnarztes surft, nur weil diese vielleicht irgendwann mal gehackt war?

Und auch Webseiten mit Links auf „böse Seiten“ werden gesperrt? Geht’s noch? Ich meine, bisher konnte man zumindest noch den Gedanken hinter dem Ganzen erkennen: Der Zweck war, gegen Kinderpornografie vorzugehen. Und das – solange es sich auch auf eben solche Seiten beschränkt – an sich auch noch nachvollziehbar ist (aber deswegen meiner Ansicht nach trotzdem nicht mit §5 GG vereinbar ist) ist – ok. Aber jetzt ist es schlichtweg nur noch Zensur. Wenn eine Seite gesperrt wird, weil diese auf solche Seiten verlinkt, das ist nur noch Zensur. Wenn ich also die Webseite von meinem Nachbar verlinke, dieser gehackt wird, und dann dieser auf der Zensurliste landet – dann ist mein Blog also gesperrrt? Wie praktisch, dass dann auch niemand mehr diese Texte lesen kann – was für ein Zufall.

Wenn das in diesem Tempo weitergeht haben wir noch im Frühling China in Sachen Zensur überholt. Traurig aber wahr.

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